„Banken brauchen eine Digitalstrategie“
Wir sprachen mit Anton Taubenberger, Partner und Sector Lead Banking, Q_PERIOR, zu Chancen der Banken im Digitalzeitalter. Banken werden sich im Vertrieb öffnen müssen und Fragen nach der Digitalstrategie werden drängender.
Banken hinken im Wettbewerb besonders technologisch deutlich hinterher. An den Regularien alleine kann es nicht liegen. Welche bemerkenswerten Ergebnisse hat Ihre Studie in diesem Zusammenhang gebracht?
Sowohl die Studie als auch unsere Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass sich Banken durchaus mit neuen Technologien und Zukunftsthemen befassen. Bei vielen Finanzinstituten spielen etwa KI- und Robotik-Anwendungen oder Blockchain-Lösungen bereits eine Rolle. Woran es vielen Banken jedoch noch mangelt ist eine ganzheitliche Strategie. Digitalisierung wird noch viel zu häufig als operatives IT-Thema verstanden und nicht in die Gesamtstrategie der Bank eingebettet.
Welche Schlüsse sollten nun daraus gezogen werden?
IT ist ein wichtiger Enabler zur Erreichung meiner Strategie. Technologie bleibt ohne klare Vision aber oftmals hinter ihren Möglichkeiten zurück. Digitalisierung in Banken muss mehr sein als reine Prozessoptimierung und die Automatisierung von wiederkehrenden Geschäftsvorgängen. Es geht darum, eine klare langfristige Strategie zu entwickeln, wie ich mich als Bank in Zukunft am Markt positionieren möchte. Hier sprechen wir dann schnell von grundsätzlichen Fragen der Plattformökonomie – also der Frage nach der Positionierung meines Hauses. Möchte ich selbst in offene Architekturen investieren und eine Vertriebsplattform für eigene Produkte und Angebote Dritter aufbauen oder als Nutzer einer solchen Plattform auftreten? Beide Möglichkeiten eröffnen neue Vertriebschancen und steigern die Kundenreichweite, was durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck elementar für die Überlebensfähigkeit einer Bank sein wird.
Wie könnte eine Bank mit „teurem“ Filialgeschäft einen Nutzen aus der Verbindung zwischen Präsenz vor Ort und „Geschäft im Netz“ ziehen? Oder fehlt die Sensibilisierung hinsichtlich des „Kundenverlustes“ Ihrer Meinung nach noch?
Vor dem Aspekt des drohenden Kundenverlustes wird der Ausbau der Kundenschnittstelle natürlich zunehmend wichtiger. Aktuell profitieren Banken noch von einer stabilen Ertragslage aus langlaufenden Kundenverträgen. Für die Zeit danach gilt es passende Lösungen zu finden. Damit sich das teure Filialgeschäft auch lohnt, müssen Banken ihr Geschäftsmodell neu analysieren und überprüfen, wie man durch eine tragfähige Omnichannel-Strategie wirkliche Mehrwerte für das Kundenerlebnis schaffen kann. Als reine Vertriebsplattform für standardisierte Finanzprodukte hat die Filiale ausgedient. Als zusätzlicher Service- und Touchpoint hat das „Vor-Ort-Geschäft“ gerade bei beratungsintensiven Produkten aber auf jeden Fall Zukunft. Tech-Unternehmen machen dabei vor, wie eine gute Kundenansprache über verschiedene Kanäle hinweg aussehen kann. Denken Sie nur an Apple, die den Onlinevertrieb durch eigene Stores perfekt ergänzen und einen echten Mehrwert für das Kundenerlebnis schaffen.
Wie sehen dann „Vertriebsstrategien von morgen“ für Banken aus?
Unsere Studie hat ergeben, dass die befragten Finanzinstitute auch in Zukunft die Vernetzung analoger und digitaler Services forcieren und diese punktuell um digitale Mehrwertdienste erweitern möchten. Das ist aus meiner Sicht auch der logische und richtige Schritt. Dennoch werden Banken nicht daran vorbeikommen, sich die eingangs erwähnte Frage zur strategischen Ausrichtung zu stellen: Möchte ich als Plattformanbieter auftreten oder Teil einer Plattform werden? Egal wie man sich entscheidet: Finanzinstitute müssen sich vertrieblich öffnen und bereit sein, Kooperationen mit Drittanbietern einzugehen. Aus meiner Sicht müssen alle angebotenen Produkte nicht immer zwingend auf einer eigenen Lösung basieren. Wichtig ist es, dem Kunden am Ende ein stimmiges und individuell zugeschnittenes Gesamtpaket bieten zu können.
Sie haben in Ihrer Studie strategische und taktische Handlungsfelder für 2025 ausgemacht. Wie sind Sie vorgegangen bzw. welche Insights sollten besonders zu denken geben?
Die Handlungsfelder haben sich aus unserer langjährigen Arbeit mit Finanzinstituten ergeben. Dabei haben wir einen guten Einblick bekommen, welche Themen bei Banken auf der Agenda stehen aber auch wo Probleme bei der Umsetzung auftreten. Natürlich hat jede Bank individuelle Herausforderungen, die es in Zukunft zu bewältigen gibt. Wirklich zu denken gegeben haben uns aber die Studienergebnisse in Hinblick auf die Selbsteinschätzung der Banken. Zwei Drittel der Finanzinstitute sehen den Verlust der Kundenschnittstelle und die Wechselbereitschaft ihrer Kunden nicht als Herausforderung für die Zukunft. Das kann sich jedoch schnell rächen, wenn Wettbewerber aus dem Technologiesektor verstärkt damit beginnen, eigene Finanzprodukte nahtlos in ihre Ökosysteme zu integrieren.
Weitere Informationen unter:
www.q-perior.com