Moderne Bezahlsysteme ermöglichen Käufe fast im Vorbeigehen. Experte Ralf Gladis erläutert Trends, Techniken, Sicherheitsaspekte und die Rolle von KI  im Kontext dieser modernen Bezahlverfahren am POS.

Kurz vor den Feiertagen im Supermarkt oder am Samstagnachmittag in der Innenstadt: Es gibt Zeiten, an denen die werktäglichen Erzählungen vom Niedergang des stationären Handels wie ein Märchen anmuten. Und wenn sich die Kunden wieder einmal in langen Schlangen vor den Kassen einreihen wie in alten Zeiten, fragen sich nicht nur die Händler, warum sich der allgegenwärtige Fortschritt nicht auch auf die Zahlungsabwicklung auswirkt. Aus dem Onlinehandel sind Kunden schließlich eine Zahlungsauslösung mit einem Klick gewöhnt.

Kontaktlos bezahlen mit Karte oder Smartphone

Wenn Kunden ähnliche Erwartungen an den Checkout im Laden haben, tragen sie selbst den Schlüssel dazu in der Hand. Schneller als per kontaktloser Zahlung mit Karte oder Smartphone kann man die Kassenzone derzeit nicht hinter sich lassen. In einer aktuellen Studie (vgl. http://www.bargeldlosblog.de/harte-zahlen-zum-zahlen/) setzt die Deutsche Bundesbank zwar noch das Zahlen mit Bargeld an Platz 1 in Sachen Geschwindigkeit, verweist aber schon auf die zunehmende Beliebtheit des kontaktlosen Zahlens und sagt eine Ablösung des Spitzenplatzes vorher. Mobile Payments wie Apple Pay oder Google Pay haben gegenüber Kartenzahlung zudem den Vorteil, dass alle Zahlungsvorgänge sofort dokumentiert werden und einen Überblick über die getätigten Ausgaben erlauben.

Das größte Plus des Zahlens mit dem Smartphone ist jedoch die Sicherheit: Was die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 nun verbindlich vorschreibt, haben die mobilen Zahlarten schon seit Beginn serienmäßig. Sie sichern die Zahlungen durch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung ab und nutzen dabei die besonders sichere und komfortable Biometrie: Durch TouchID oder FaceID werden Fingerabdruck oder Gesichtsscan verglichen – die Kunden sind es durch das Entsperren ihres Gerätes bereits gewöhnt. So geben auch 57% der Konsumenten in einer Studie des ECC an, für eine Zahlungsautorisierung per Fingerabdruck offen zu sein.

Praktisch für den Handel: Für die Akzeptanz von kontaktlosen Zahlungen reicht ein aktuelles POS-Terminal mit NFC-Funktion völlig aus. Beim Bezahlvorgang mit dem Smartphone wird die hinterlegte Kreditkarte übertragen und das Gerät übermittelt zugleich, dass eine Authentifizierung bereits erfolgt ist, so dass eine Eingabe der PIN auch bei größeren Beträgen entfällt.

Sicherheit

Bei der Neuanschaffung von Terminals sollten Händler besonders auf die Sicherheit achten: Der aktuelle Standard heißt hier PCI P2PE. Diese Abkürzung steht für Punkt-zu-Punkt-Verschlüsselung und hat zur Folge, dass die frühere Kommunikation des Terminals mit der Kasse, die zu Sicherheitslücken und dem Angriff auf Kartendaten geführt hat durch eine direkte, hochverschlüsselte Übertragung vom Terminal direkt zum Zahlungsdienstleister abgelöst wird. So umgeht der Händler die Speicherung der Kartennummern und hat weniger Aufwand mit der PCI-Zertifizierung für die Akzeptanz von Kreditkarten.

Die bisherige Praxis der Kartenzahlung mit Chip und PIN ist nach PSD2 weiterhin möglich, da hier die Kriterien Besitz (der Karte) und Wissen (der PIN) erfüllt sind. Für Händler gehen beim Bezahlen am POS mit der neuen Richtlinie also keine größeren Umstellungen einher.

Instant Payments

Dies könnte sich ändern, wenn die neuen Blitzüberweisungen, sog. „Instant Payments“ an Bedeutung gewinnen, die die PSD2 ebenfalls mit sich bringt. Europaweite Zahlungen rund um die Uhr innerhalb von 10 Sekunden, so lautet die Vorgabe. Hier haben die deutschen Banken die Chance, die funktionsarme girocard anzureichern.

Auch der Handel kann aktiv werden: Mit der Übernahme der IBAN kann er die bisherige Lastschrift, die mit dem Risiko des Zahlungsausfalls behaftet ist, durch eine sofortige, nicht rückbuchbare Überweisung ersetzen. Das bringt allerdings Anpassungsbedarf im Hintergrund mit sich, denn an die Stelle der bisherigen Sammeleinreichungen nach Ladenschluss rückt dann eine sekundengenaue Verbuchung der eingehenden Beträge als Zahlungsbestätigung für die Kasse. Dieser Aufwand kann sich jedoch lohnen, um die Rückbelastungen abzuschaffen.

Die Verarbeitung von mehr und vereinzelten Daten bedeutet zunächst mehr Arbeit für den Händler, allerdings lassen sich aus den Daten auch mehr Rückschlüsse über das Zahlungsverhalten der Kunden ziehen. Dabei rücken Aspekte der Künstlichen Intelligenz (KI) in den Blickpunkt, die derzeit für viele Branchen und Einsatzzwecke intensiv diskutiert werden. Computop nutzt schon heute in der Betrugsprävention einen Teilbereich der KI, das maschinelle Lernen, wenn durch die Auswertung vergangener Transaktionen das Betrugsrisiko für eine neue Zahlung mit zunehmender Präzision ermittelt und dem Händler so wertvolle Hilfestellung für sein individuelles Risikomanagement an die Hand gegeben wird.

KI zur Datenauswertung

In der Nutzung der Künstlichen Intelligenz zur Datenauswertung liegen viele Chancen. Gerade wenn es darum geht, Zusammenhänge in großen Datenmengen zu entdecken und nutzbar zu machen, ist die Unterstützung durch solche Verfahren unerlässlich. Dabei werden die Ergebnisse umso besser, je umfangreicher das Datenmaterial ist. Zahlungstransaktionen sind ein guter Start, denn sie begleiten jeden Verkaufsvorgang, aber die Ergänzung um beispielsweise Logistikdaten für den E-Commerce oder Daten zur Kundenfrequenz im stationären Handel lässt neue Auswertungsmöglichkeiten zu, die helfen können, das Kundenverhalten besser zu verstehen und den Käufern neuen Einkaufskomfort anzubieten.

Die Beachtung von Datenschutzvorschriften sollte dabei einen hohen Stellenwert besitzen, denn die sorgfältige Abschirmung individueller Daten ist in der heutigen Zeit ein Muss – aus Respekt vor den Kunden, aber auch zum Schutz der eigenen Reputation. Für die Datenauswertung kein Problem, denn auch mit nach allen Vorgaben anonymisierten Daten lassen sich viele wertvolle Erkenntnisse gewinnen.

Vielleicht helfen gezielte Analysen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen in nicht allzu ferner Zukunft stationären Händlern dabei, ihre Kassenplätze zu optimieren, jedem Kunden seine präferierte Zahlungsmöglichkeit anzubieten und dadurch lange Schlangen an den Kassen endgültig Vergangenheit werden zu lassen – ohne dabei Kunden zu verlieren. Dadurch soll das Bezahlen im Laden so einfach und komfortabel gemacht werden, wie es im Online- und mobilen Einkauf schon heute sein kann.

In der Nutzung der Künstlichen Intelligenz zur Datenauswertung liegen viele Chancen um das Kundenverhalten besser zu verstehen.

Unser Autor

Ralf Gladis ist Mitgründer und Geschäftsführer des internationalen Payment-Service-Providers Computop – the payment people. Außerdem ist er als CEO der Computop Inc, New York tätig. Vor der Gründung von Computop entwickelte Ralf Gladis Datenbank-Lösungen und verfasste Bücher und Beiträge für namhafte IT-Verlage.

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