Zukunft der Handelswerbung
Die Zukunft der Handelswerbung: Der Mix macht‘s
In Zeiten voranschreitender Digitalisierung und verändertem Mediennutzungsverhalten treffen alte und neue Werbeformen aufeinander, deren Gunst um Wahrnehmung und Wirkung seitens der Konsument:innen immer wieder neu zu hinterfragen sind. Dazu kommen gesetzliche Einschränkungen wie beispielsweise die der Cookie-Nutzung im Rahmen der DSGVO und ein hoher Kostendruck insbesondere im Bereich der Print-Werbung durch hohe Papierpreise und mindestlohnbedingte Logistikkosten.
Die Entscheidung, für welchen Kanal, welches Format oder welche Zielgruppe die Werbe-Euros ausgegeben werden sollen, wird somit immer schwieriger und verlangt ein hohes Detailwissen über die Zielgruppen, deren Erreichbarkeit und Gewohnheiten sowie über die Wirkungsmechanismen crossmedialer Angebotskommunikation.
IFH MEDIA ANALYTICS, die neue Tochtermarke des IFH KÖLN, hat sich im Rahmen der Studie „Future of Media“ mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf zukunftsgerichtete, werbliche Ansprachen – Wahrnehmung, Nutzung und Wirkung – auseinandergesetzt und liefert dabei hilfreiche Impulse.
Fokus klassische Werbung
Traditionelle Werbeformen wie der Prospekt, Fernsehwerbung oder auch das Plakat können grundsätzlich „aufatmen“.
Wenngleich Werbung heutzutage in Summe primär digital geprägt ist, so fällt auf, dass die klassischen Kanäle weiterhin funktionieren! In Abhängigkeit des Alters erreicht man bestimmte Zielgruppen nach wie vor über langjährig etablierte Werbeformen wie das TV oder den Prospekt. Dies umso mehr, wenn von klassischer Angebotskommunikation – also regelmäßiger Produktwerbung – gesprochen wird. Hier ist der Ritualisierungsgrad und damit der Gewohnheitsfaktor so dominant, dass absehbar und kurzfristig keine signifikante Veränderung zu erwarten ist. Dazu kommt eine hohe kaufauslösende Relevanz des Mediums. Insbesondere das Leitmedium Prospekt im Lebensmitteleinzelhandel besticht durch seine hohe Conversionrate gepaart mit einer hohen Reichweite und bedingt durch die bestehende „Opt-Out“-Zulässigkeit. Diese Grundlage für den Erfolg des Mediums könnte durch eine gesetzlich veränderte Rahmenbedingung entzogen werden und damit das Gleichgewicht zwischen digitaler und klassischer Werbung zu Fall bringen. Eine „Opt-In“-Anpassung für unadressierte Prospektwerbung würde zwar positiv eine Streuverlustoptimierung bewirken, auf der anderen Seite aber den werblichen Zugang zu seither empfangsbereiten Verbraucher:innen stark einschränken.
Für die Zukunft hieße das:
Neue Verhaltens- und Gewohnheitsmuster würden sich schlagartig etablieren, die zu sinnvollen, neuen Werbeallokationen führen und digitale Medien weiter stärken würden.
Fokus Online Werbung
Die Werbung im Internet wird im Wesentlichen von drei Playern dominiert: Amazon, Google und Social Media. Rund 50 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie primär auf diesen Plattformen für Werbung empfänglich seien. Social-Media-Kanäle haben je nach Alter und Zielstellung ganz unterschiedliche Profile, Stärken und Schwächen. TikTok verfügt über eine hohe Durchschlagkraft bei jungen Internetnutzer:innen. Instagram punktet mit hohem Inspirationspotenzial, mit Innovationen und Trends, mit Reichweite über Blogger:innen und Prominente. YouTube schließlich ist der König unter den Social-Media-Plattformen. Bei der Nutzung, aber auch bei der Imageeinstufung ist das Netzwerk die Nummer eins. Seine Informationsfunktion zu ausgewählten Themen und Produkten macht YouTube über alle Altersgruppen hinweg beliebt. Facebook hingegen spielt insbesondere bei jüngeren Zielgruppen keine Rolle mehr. Trotzdem können Unternehmen von der internationalen Reichweitedes Netzwerkes profitieren.
Es ist davon auszugehen, dass Social Media für das Werbeumfeld in Zukunft an Bedeutung gewinnen und sein Potenzial entfalten wird. Nutzergruppen werden immer stärker ausgeweitet und neue Nutzerfunktionen kommen hinzu, um mehr Kommerzialisierung zu erreichen.. Hierbei ist ausschlaggebend, dass die Kundinnen und Kunden entlang der Customer Journey über die Plattform geführt und betreut werden ohne die Plattform wechseln zu müssen. Das Ideal: Ein Zusammenspiel von Information, Inspiration und Erlebnis auf der einen Seite und der Kauf- bzw. Checkout-Prozess auf der anderen Seite mit so wenig Mausklicks wie nur möglich.
Einen besonderen Stellenwert im Rahmen des sogenannten Social Commerce – Käufe, die über soziale Netzwerke angeregt und abgeschlossen werden – wird weiterhin das Influencermarketing einnehmen. Im Schnitt ist jeder Dritte im Netz durch einen Influencer auf Werbung aufmerksam geworden – bei den Jüngeren war es sogar über die Hälfte. Dabei ist besonders beeindruckend, dass dies bis auf wenige Ausnahmen auch zum Kauf geführt hat.
Die Wirkung dieser Werbeform auf den sozialen Netzwerken ist demnach unumstritten. Hohe Reichweiten innerhalb der zumeist jungen Zielgruppen ermöglichen einen schnellen Bekanntheitsgrad. Der unterhaltende und inspirierende Faktor verleitet zum Ausprobieren und zum Kauf: Man möchte sich selbst einen Eindruck machen, um „Mitreden“ zu können.
Fazit: Der Werbemarkt der Zukunft
Die gesamten Entwicklungen führen in Summe zu fünf naheliegenden Merkmalen, die für den zukunftsorientierten Werbemarkt bezeichnend sein werden.
- Messen und optimiertes Aussteuern traditioneller Werbung
Der Einfluss klassischer Werbung auf das Kaufverhalten muss validierbar sein – online wie auch stationär. - Hybride Angebotskommunikation
Die intelligente Verbindung der Medienkanäle ermöglicht eine breit gefächerte Verbraucheransprache über unterschiedliche Mediennutzungskanäle in unterschiedlichen Alltagssituationen hinweg. Ein digitaler Transformationsprozess findet begleitend statt. - Alltagsintegrierte Push-Kommunikation
Werbung bedarfsgesteuert erhalten ohne dass man danach suchen muss (bspw. über einen digitalen Werbeassistenten). - Verfügbare Kundendaten
Je höher das Wissen über Verbraucher:innen, der Wünsche und Bedarfe und der Lebenssituation desto höher der Individualisierungsgrad der Werbung und die zielgerichtete Ansprache. - Social Commerce
Die sozialen Plattformen werden zu kommerziellen Plattformen weiter ausgebaut. Neue Nutzergruppen werden perspektivisch erschlossen.
Über den Autor
Andreas Riekötter, Geschäftsführer IFH