Die Zeit ist reif für Everyday AI
Florian Douetteau, CEO und Mitbegründer von Dataiku, zeigt auf, wie Unternehmen ihren eigenen Weg zu KI auf eine menschenzentrierte Weise gestalten können.
Herr Douetteau, welche Bedeutung hat die Demokratisierung von KI(AI) und Data Science für Unternehmen und welche Möglichkeiten bietet in diesem Kontext Ihre AI-Plattform?
Es ist keine Chance, sondern eine Notwendigkeit. Aktuell sind Data Scientists und andere Modellierungsexperten nicht gerade üppig am Markt zu finden. AI der breiten Basis an Mitarbeitern zugänglich zu machen, wirkt dem Fachkräftemangel entgegen und fördert die kollaborative Zusammenarbeit und damit die Transformation hin zu datengetriebenen Unternehmen. Zudem könnte man auch nie so viele Experten einstellen, denn der Markt ist recht leer. Dafür gibt es eine Menge ungenutztes Potenzial, das in der Organisation steckt.
Daten und auch Modelle in den Händen von Vielen, nicht von einigen Wenigen. Genau das ist die Mission von Dataiku: Everyday AI, extraordinary People.
Welche Rolle spielen in diesem Kontext AutoML- und Low-Code-Lösungen?
Sie senken die Einstiegshürde. Nicht alle Anwendungsfälle brauchen eine ausgefuchste, von Experten angepasste und komplexe Deep-Learning-Lösung. Meistens geht es darum, durch Low-Code eine leicht nachvollziehbare Arbeitsmethode anzubieten, die auch in Kombination mit automatisiertem maschinellem Lernen bei immer wieder aufkommenden Fragestellungen schnell und effektiv eine Lösung anbietet. Bei Low-Code und AutoML geht es darum, eine Lösung für die vielen Nichtexperten zu bieten – in beiden Bereichen ist Dataiku führend. So schafft man es auch, in die Breite zu skalieren und versteckte Potenziale zu heben.
“ Daten und auch Modelle in den Händen von Vielen, nicht von einigen Wenigen. Genau das ist die Mission von Dataiku.“
Unser Interviewpartner
Florian Douetteau, CEO und Mitbegründer von Dataiku, der Plattform für alltägliche KI.
Mit ihr wird der Zugang zu Data Science demokratisiert und Unternehmen weltweit können ihre eigene Reise mit künstlicher Intelligenz gestalten.
Das Unternehmen hat in seiner jüngsten Serie-E-Finanzierungsrunde im August 2021 400 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von 4,6 Milliarden US-Dollar erhalten.
Florian, ein kreativer Mathematiker, gründete Dataiku im Jahr 2013 mit der Vision einer Zukunft für Unternehmen, in der KI zum Mainstream wird, und zwar durch die gemeinsame Anstrengung aller Mitarbeiter des Unternehmens, nicht nur der Data Scientist oder technischen Experten.
Welche Wettbewerbsvorteile haben Unternehmen, die alle Abteilungen und Mitarbeitenden in KI-Projekte integrieren?
Die Vorteile sind vielschichtig: Lösungen werden kollaborativ erarbeitet, Informationsverluste beim Handover werden vermindert. Wir bringen Modellierer, Analysten, Entscheider etc. zur Zusammenarbeit. So können optimale Lösungen schneller erzielt werden. Zudem sind das Vertrauen und die Nachvollziehbarkeit einer gemeinsamen Lösung höher. In Kombination mit der Demokratisierung können auch insgesamt mehr Datenprodukte kreiert werden.
Weltweit ist die Nutzung von KI im Geschäftsbetrieb so weit etabliert, dass man nicht mehr von „Vorteil“ sprechen sollte, sondern eher von einem Muss, um nicht den Anschluss zu verlieren! Wir reden hier in einer Größenordnung von ca 1,2 Prozent pro Jahr an Kosteneinsparung, wenn man den Kollegen des McKinsey Global Institute glaubt.
Welche Voraussetzungen müssen hierzu geschaffen werden und wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei?
Zunächst einmal: Einstiegshürden und Reibungsverluste abbauen. Das bedeutet, dass die vielen Datenquellen und die Infrastruktur, auf denen letztendlich die KI läuft, für den Nutzer fast schon unsichtbar und einfach nutzbar sind. Dataiku bietet dazu eine breite Basis an Integrationen an und dient als „Übersetzer“ für die Themen Datenanalytik und Modellierung sowie KI.
Wir unterstützen während des Onboardings, des Change Managements, bei der Datenstrategie und setzen mit unseren Trainings der Dataiku Academy Maßstäbe in Bezug auf Upskilling. Zudem berücksichtigen wir von Anfang an die Governance und Nachhaltigkeit der Prozesse. Hier teilen wir unsere Erfahrungen sowie Best Practices mit den Kunden, oft auch in Kombination mit unseren Consulting Partnern – denn das muss ja alles mit der Datenstrategie zusammenpassen!
“ Weltweit ist die Nutzung von KI im Geschäftsbetrieb so weit etabliert, dass man nicht mehr von ‘Vorteil‘ sprechen sollte, sondern eher von einem Muss, um nicht den Anschluss zu verlieren.“
Wie können Unternehmen wertsteigernde KI-Projekte identifizieren, um sinnvoll zu starten?
Wir legen unser Hauptaugenmerk darauf, herauszufinden, wie und wo unsere Kunden die größten Fortschritte machen können, die mit ihren eigenen strategischen Zielen übereinstimmen – natürlich unter Berücksichtigung von Governance und Compliance! Dabei ist es die Kunst, einen guten Mix zwischen wirklich schwierigen „Moonshot“-Projekten und eher naheliegenden Use Cases zu finden.
Mein Tipp: Schauen Sie zunächst, was Wettbewerber in der gleichen Industrie bereits erfolgreich und mit klarem und schnellem Lösungsansatz umgesetzt haben. So können schnell und mit geringem Risiko viele Erfolge erzielt werden.
Wir unterstützen, indem wir unsere Erfahrungen weitergeben und mit Blueprints zu wiederkehrenden Use Cases aus den Industrien und Firmenfunktionen, z.B. Finance, Marketing oder HR, die schnelle und erfolgreiche Umsetzung fördern. Unsere Kunden berichten hier oft von Benefits in dreistelliger Millionenhöhe.
Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen: „Ein Produktionalisieren eines Modells muss einfach und effizient sein“?
Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass zwischen 70 und 80 Prozent der in Proofs of Concept entwickelten KI-Lösungen es nie in den produktiven Betrieb schaffen. Ein häufiges und frühes Ausrollen in eine Testumgebung senkt hingegen die Hürden für eine spätere Produktionalisierung und Integration. Dieses DevOps funktioniert gut, weil die jeweiligen „Neuerungen“ relativ gering sind und man so kleinere Hürden Schritt für Schritt nehmen kann.
Wir empfehlen, schon die ersten „Kandidaten“ eines Modells zunächst mittels MLOps anzustreben.
„…wenn man gar nicht erst anfängt, dann verpasst man natürlich auch die Chance, sich als Unternehmen neu zu erfinden und neue Geschäftsmodelle auf Basis von Daten zu etablieren.“
Inwieweit kann Ihre Plattform dabei helfen, die Transformation hin zu einem datengetriebenen Unternehmen zu meistern?
Mit Dataiku kommen ML und KI raus aus dem Elfenbeinturm. Wie wir bei zahlreichen Kunden gelernt haben, fängt Transformation in einem Center of Excellence an. Doch erst wenn die vielen Analysten und Fachleute in den Unternehmensbereichen teilnehmen, kommt eine echte Transformation zustande. Demokratisierung der Technologie durch Dataiku ist dabei der Katalysator, ohne den das nicht klappen würde.
Veränderungen sind immer schwierig – doch wenn man gar nicht erst anfängt, dann verpasst man natürlich auch die Chance, sich als Unternehmen neu zu erfinden und neue Geschäftsmodelle auf Basis von Daten zu etablieren.
Was bedeutet eigentlich „Whitebox-AI“, hier im Hinblick auf die neuen Regulierungen der EU für den Einsatz künstlicher Intelligenz?
Bei “Whitebox AI” geht es darum, Transparenz darüber zu schaffen, was in einem AI Modell vor sich geht. Also in anderen Worten: Ziel ist es, beobachtbar und nachvollziehbar zu machen, wie und warum die KI zu einem bestimmten Ergebnis kommt. Somit ist die Beziehung zwischen den zum Trainieren des Modells verwendeten Daten und dem Modellergebnis erklärbar.
Hingegen ist bei “Blackbox” Modellen die Entscheidungsfindung nicht nachvollziehbar, insbesondere durch unbeobachtbare Input-Output Beziehungen. Im Kontext der kommenden EU Regulierungen sind diese Unterschiede relevant: Wenn durch KI Entscheidungen getroffen werden sollen, die potenziell Menschen diskriminieren könnten, ist man schnell in der Gruppe der sogenannten “Hochrisikosysteme”. Hier ist die Verwendung von intransparenten Blackbox-Modellen schnell problematisch, da die geforderte Transparenz nur schwer mit der mangelnden Erklärbarkeit vereinbar ist.
„Es gehört für mich dazu, dass man nicht zu schnell aufgibt und aufkommende Fehler als eine Lernchance sieht – das erfordert oft einen Kulturwandel beim Management!“
Was bedeutet es für Sie „eine ganzheitliche KI-Kultur“ im Unternehmen zu etablieren?
Den Nutzen und den Nutzer der KI in den Fokus zu stellen, und nicht die Technologie selbst –denn diese ist nur das Werkzeug zum Erfolg. Dann gehört für mich dazu, dass man nicht zu schnell aufgibt und aufkommende Fehler als eine Lernchance sieht – das erfordert oft einen Kulturwandel beim Management! Oftmals unterschätzte Erfolgsfaktoren sind Training, Weiterbildung und leicht verfügbarer kontinuierlicher Support der Nutzer, bei dem von einander gelernt werden kann.
Bestätigt wird das von Erfahrungen bei Porsche Consulting oder auch AVIVA. Das wichtigste ist natürlich auch, überhaupt anzufangen und bereit zu sein, sich auf die Veränderung einzulassen – und das schließt auch das Management ein!
Sie sind einer der weltweit führenden KI-Anbieter, woran arbeiten Sie gerade?
Wir arbeiten an der weiteren Demokratisierung von KI durch zusätzliche Funktionen für Anwender und Konsumenten von Datenprojekten mit weiterhin leichtem Zugang auch für Nicht-Programmierer. Da mehr und mehr unserer Kunden hunderte oder sogar tausende ihrer Mitarbeiter, wie z.B. bei GE Aviation oder Schlumberger, von KI „Konsumenten“ in „KI Erschaffer“ weiterentwickeln, werden wir unsere Arbeiten zur Senkung der Einstiegshürde und Förderung der Kollaboration auf den verschiedenen Ebenen der Organisationen fortsetzen.
Das betrifft sowohl etablierte Technologien als auch neue Ansätze. Wir werden weiterhin investieren, um verlässliche AI Methoden für jeden Nutzer verfügbar zu machen. Ein gutes Beispiel hierfür ist unsere visuelle Vorhersagefunktion für Zeitreihen in unserer neuesten Version: einige der Algorithmen die nun für non-coder sind, sind „cutting-edge“, während andere seit 50 Jahren bekannt sind. Es geht darum, für die Nutzer die Chance zu erhöhen, schnell eine gute Lösung für ein reales Problem zu finden – das ist dann EverydayAI.