Wir verändern Deutschland
Die Gamechanger von heute und morgen: Seit 2011 hat der Early-Stage-Venture-Spezialist UVC Partners, einen der führenden B2B-Venture-Capital-Fonds in Europa aufgebaut.
Wir sprachen mit Dr. Ingo Potthof und Johannes von Borries, Geschäftsführer bei Unternehmertum Venture Capital Partners (UVC Partners), über die enge Zusammenarbeit mit der UnternehmerTUM und den einzigartigen Zugang zu Talenten, Industriekontakten und Finanzpartnern.
Herr Dr. Potthof, wie lautet Ihre magische Formel, um so nachhaltig und erfolgreich innovative Gründer und Ideen an den Start zu bringen?
Mit mehr als 1.000 Industriepartnern im Netzwerk und einer engen Zusammenarbeit mit UnternehmerTUM, Europas führendem Innovationszentrum, bieten wir Start-ups einen einzigartigen Zugang zu Talenten, Industriekontakten und anderen Finanzpartnern. Die Magie entsteht in Zusammenarbeit mit jungen Gründern, sehr viel Tech-Knowhow, und unternehmerisches Wissen aus dem Mittelstand und der Industrie. Nachhaltigkeit liegt bei uns vor allem an der Konsistenz der Investitionsstrategie, die wir seit Beginn von UVC Partners durchführen. Das gibt uns eine sehr starke Expertise in unseren Kernsektoren. Diese Expertise nehmen Gründer, die zu uns kommen, wahr. Das verleiht uns Glaubwürdigkeit, sodass wir den Gründern überzeugend helfen können und Mehrwert generieren.
Herr von Borries wie sieht Ihre Unterstützung für Start-ups aus?
Wir stellen uns gemeinsam großen Herausforderungen wie dem Vertrieb und öffnen unser Netzwerk in die Führungsetagen der deutschen Wirtschaft. Insbesondere der persönliche Zugang zu innovationsfreundlichen Geschäftskunden ist für B2B-Start-ups in der frühen Phase sehr wichtig, da lange Vertriebszyklen und hohe Entwicklungskosten den Markteintritt erschweren. Wir beschleunigen schon heute über 10 % aller deutschen Tech-Start-ups und dienen für eine Vielzahl von etablierten Unternehmen – von Mittelständlern bis DAX-Konzernen – als zentrale, offene Innovationsplattform für Lösungen der Zukunft.
„Wir bieten ein einzigartiges Ökosystem mit Zugang zu Start-ups, Branchenexperten, Investoren und Talenten.“
Early-Stage-Venture-Spezialist UVC Partners
Johannes von Borries, Andreas Unseld, Dr. Ingo Potthof, Prof. Dr. Helmut Schönenberger und Benjamin Erhart (v.l.)
Herr Dr. Potthof, welche „Gamechanger“ konnten Sie z.B. identifizieren und erfolgreich in die Märkte bringen?
Wir waren z.B. bei Flixbus die ersten Venture-Capital-Investoren und haben an die Gründer und an das Geschäftsmodell geglaubt. Ein Markt im Mobilitätsbereich, den es damals noch nicht gab. Oder das Quantencomputer-Startup planqc, das bereits kurz nach der Gründung eine Finanzierungsrunde in Höhe von über fünf Mio. Euro gemeinsam mit Hermann Hauser und Speedinvest abgeschlossen hat. Mit der Finanzierung wird planqc einen hoch- skalierbaren, bei Raumtemperatur arbeitenden Quantencomputer entwickeln, der auf in optischen Gittern gefangenen Atomen basiert. Der Gesellschafterkreis vereint das technische und kommerzielle Know-how, um die leistungsfähigsten Rechner der Welt nicht nur zu bauen, sondern auch in industriell relevanten Anwendungen zu realisieren.
Herr von Borries, was ist das Spannende am UVC-Ökosystem?
Im erfolgreichen Venture-Capital-Geschäft geht es nicht nur um ein finanzielles Investment, sondern insbesondere auch um ein nachhaltiges, partnerschaftliches Verhältnis mit dem Gründerteam. Da wir gleichzeitig Schwesterunternehmen der UnternehmerTUM sind, punkten wir mit zwei wesentlichen Komponenten. Zum einen kommen sehr viel junge Gründer und Start-ups zu uns und wir haben Zugriff auf neue spannende Ideen sowie Innovationen. Zum anderen sind wir ein Netzwerk von potenziellen Kunden für Start-ups, denn viele Mittelständler und große Unternehmen, die sich hier treffen, wollen mit Start-ups in einer sehr frühen Phase zusammenarbeiten und deren innovative Produkte einsetzen. Das bedeutet, wir geben Start-ups nicht nur das erforderliche Kapital, sondern können gleich mit neuen Kunden aufwarten.
Herr von Borries, welche Zukunftsfelder sind Ihnen wichtig?
Wir orientieren uns an den Herausforderungen der Gesellschaft, hier in Deutschland und in Europa. Das ist einmal sicherlich das wichtige Thema Climate-Tech, wir stellen uns aber auch die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten werden, hier im Hinblick auf Automatisierung und Digitalisierung. Gerade beschäftigt uns der Fachkräftemangel und wir wollen mit neuen Technologien und Möglichkeiten dabei helfen, Lösungen zu finden. Ein weiterer Baustein ist das Thema Mobilität – und diesbezüglich die Elektrifizierung im Kontext einer klimaneutralen Zukunft.
Herr Dr. Potthof, sind gerade neue Fonds in Vorbereitung?
Wir sind offen mit neuen Investoren zu sprechen, um unsere Werte und Investmentstrategien zu erklären. Im Hinblick darauf werden wir unseren Fonds IV Anfang 2024 aufsetzen. Der nächste Fonds wird eine ähnliche Strategie haben wie unsere jetzigen Fonds: Frühphase, Hochtechnologie, Europa mit Schwerpunkt Deutschland. Entsprechend passt es sehr gut, wenn wir jetzt mit Investoren in Kontakt kommen.
Herr von Borries, welche Markt- und Technologie-Trends machen Sie momentan aus?
Ganz wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Umwelt und das Klima. Immer wichtiger wird daher auch der Blick auf die Circular Economy. Wir müssen uns überlegen, wie wir Sachen wieder- und länger verwenden können. Wie können wir Business-Modelle finden, die an langlebige Produkte anknüpfen und z. B. Pay-to-Use-Optionen nutzen? Hier gibt es verschiedene spannende Entwicklungen, die neue Chancen und Geschäftsgrundlagen für Start-ups bieten, wie das Beispiel des Unternehmens Enpal aus dem Solarbereich belegt. Solche Start-ups treffen gleichsam den Nerv des Marktes und sind mit ihren Produkten und Lösungen für unsere Umwelt sehr förderlich.
„Um „European Sovereignty“ zu leben, müssen alle EU-Staaten mit ihren Daten, Kulturen und Sprachen erfasst werden. Wir benötigen daher auch in Europa große KI-Modelle. Wenn wir dieses Feld auch noch an die USA und China verlieren, geht unsere Kultur in digitaler Hinsicht unter.“
Johannes von Borries
Herr Dr. Potthof, was muss jetzt getan werden, um in Deutschland auch große KI-Modelle an den Start zu bringen?
Generell ist bei uns noch kein hinreichendes Verständnis aufgekommen, was man mit KI alles machen kann und auch beim „wie“ fehlt es noch. Deshalb gibt es bei UnternehmerTUM die Initiative „Applied AI“, die Unternehmen an das Thema heranführt. Natürlich braucht es viel Kapital, um ein echtes KI-Unternehmen aufzubauen. Wir beobachten das gerade zum Beispiel bei Open AI bzw. mit unserer Beteiligung an Aleph Alpha. Das in Heidelberg ansässiges KI-Forschungs- und Entwicklungsunternehmen erforscht, entwickelt und operationalisiert in großem Maßstab verallgemeinerbare Modelle der künstlichen Intelligenz für multimodale Text- und Bildmodelle, um die digitale Souveränität für Partner im öffentlichen und privaten Sektor zu gewährleisten.
Wir sind zwar noch nicht ganz so weit wie Open AI, trotzdem können wir technisch gut mithalten und führen in Teilbereichen sogar. Schließlich haben wir das größte private KI-Rechenzentrum in Europa aufgebaut. Aber um langfristig global kompetitiv zu werden und zu bleiben, braucht es viel weiteres Kapital.
Ein anderer Punkt, der für Verunsicherung sorgt, ist die staatliche Regulierung. Regulierung ist zwar sinnvoll, doch die momentane Diskussion auf EU-Ebene im Hinblick auf den AI-Act lässt viel Unwissenheit vermuten. Dabei gibt es drei Risikostufen, die im AI-Act definiert werden. Die höchste Risikostufe bedeutet, dass KI verboten werden soll. Ein Beispiel hierfür ist das Personentracking, das wir aus China her kennen. Dann kommt die Risikostufe „High Risk“, bei der von Fall zu Fall entschieden werden muss, und schließlich „Low Risk“, wobei keine Bedenken bestehen. Gerade bei der Abstufung im High-Risk-Bereich sind allerdings noch viele Unklarheiten vorhanden, die etwas später definiert und ausgelegt werden sollen. Doch wir brauchen hier in der EU und Deutschland jetzt unbedingt Klarheit, was die Entwicklung von KI-Lösungen betrifft, damit Start-ups nicht in die USA abwandern, wo Sie keine Einschränkungen befürchten müssen.
Herr von Borries: Darf ich einen wichtigen Punkt hinzufügen. Wenn man bei ChatGPT eine Anfrage stellt, bekommen wir nur die Sicht auf die US-amerikanischen Standpunkte dieser Welt. Wir benötigen aber eine europäische Sicht, die aus den Ansichten unserer Kulturen und aus unseren Daten entsteht. Um „European Sovereignty“ zu leben, müssen alle EU-Staaten mit ihren Daten, Kulturen und Sprachen erfasst werden. Wir benötigen daher auch in Europa große KI-Modelle. Wenn wir dieses Feld auch noch an die USA und China verlieren, geht unsere Kultur in digitaler Hinsicht unter.
Herr von Borries, welchen Einfluss hat VC-Kapital auf die Schaffung von Jobs in Deutschland und wie wichtig sind Start-ups für den Wohlstand?
Einen extrem großen. Wir investieren typischerweise nicht in Maschinen und Hallen, sondern zu 90 Prozent in Jobs bzw. in Gehälter, die bezahlt werden. Wenn unser Fond zum Beispiel 250 Mio. Euro groß ist, dann würden die 250 Mio. Euro in Jobs gehen – und das gilt für jeden VC. Dabei handelt es sich um extrem hochqualifizierte Jobs, wie z. B. um Softwareentwickler, Manager und Ingenieure. Diese Start-ups haben zudem selbst Zulieferer, die Bauteile für z. B. neue Gerätschaften anliefern oder speziell etwas entwickeln. Das ist ein unheimlicher Treiber und hat einen großen Impact, auch im Hinblick auf den Sekundärmarkt.
Start-ups sorgen nicht nur für technische Erfindungen, sondern vor allem für deren Überführung in Produkte und deren Marktdurchdringung. Gerade daran hat es in Deutschland lange gemangelt. Etablierte Firmen tun sich mit disruptiven Produkten häufig schwer, da sie ihr bestehendes Geschäft kannibalisieren können. Ein Start-up hat dieses Problem nicht und kann sich voll und ganz auf den Markteintritt der neuen Produkte fokussieren, und zwar ohne Sorgen um ein bestehendes Geschäft auf Basis früherer Technologien. Daher spielen Start-ups bei der Innovationskraft einer Volkswirtschaft eine wesentliche Rolle. Sie sind nicht der einzige Faktor, aber mit Sicherheit ein entscheidender Zusatz, um so den Wohlstand in Deutschland erhalten zu können.
Herr Dr. Potthof, wie sind momentan die Rahmenbedingungen für Start-ups in Deutschland und was könnte verbessert werden?
Am Ecosystem generell aber auch an den politischen Rahmenbedingungen hat sich bereits viel verbessert, weshalb ein genauer Blick auf die einzelnen Unternehmensphasen sinnvoll ist.
In der Gründungsphase gibt es noch einige Hürden bei den Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Bürokratie, doch diese stehen dem Erfolg nicht im Wege. Ich persönlich glaube, dass sich kein guter Gründer deswegen aufhalten lässt. Eines der größten Probleme ist momentan allerdings der Fachkräftemangel. Wir rekrutieren bei unseren Beteiligungen viel Personal aus dem Ausland, doch Arbeitsgenehmigungen sind schwer zu bekommen.
In den späteren Phasen nach der Gründung war und ist immer noch der Umfang von Investitionen ein großes Thema. Hier haben wir immer noch zu wenig deutsche Investoren, die in der Wachstumsphase mehr als 50 Mio. investieren. Es gibt eigentlich keinen deutschen Investor, der das kann. Die meisten Investoren sind US-amerikanisch oder angelsächsisch. Da sind wir extrem abhängig. Die Politik kann hier unterstützen, um institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen zu motivieren, diese Anlageklasse stärker wahrzunehmen.
Herr von Borries, Herr Dr. Potthof, welche Ziele haben Sie sich für dieses Jahr noch gesteckt?
Herr von Borries: Ich habe mir das Ziel gesteckt, noch zwei spannende Investments zu generieren, die in den Bereichen Nachhaltigkeit und Climate-Tech liegen.
Das zweite Ziel betrifft unser Fundraising und damit die Vorbereitung des neuen Fonds, sodass wir auch in Zukunft wieder genügend Kapital haben, um die Innovationstreiber, die wir für unsere Gesellschaft brauchen, mit genügend Investitionen zu versorgen.
Herr Dr. Potthof: Das kann ich nur unterstreichen. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Entwicklung des bestehenden Portfolios. Letztes Jahr war sehr erfolgreich für uns: Zahlreiche unserer Beteiligungen erfuhren ein starkes Wachstum, es wurden sehr gute Folgefinanzierungen abgeschlossen und wir hatten mehrere sehr profitable Exits. Insgesamt konnten wir so Wertsteigerungen und nennenswerte Rückflüsse für unsere Investoren erzielen.
Dies gilt es dieses Jahr zu wiederholen. Insbesondere wollen wir dafür unsere neuen, ganz jungen Start-ups dabei unterstützen, möglichst schnell den Produkt- oder Markt-Fit zu finden und erfolgreich in den Markt einzutreten, d. h. Kunden zu gewinnen und relevante Umsätze zu erzielen.
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