Big Data, Smart Data, Industrie 4.0 – große Unternehmen füllen diese Schlagworte längst mit Leben und profitieren von den daraus resultierenden Wettbewerbsvorteilen. Kleine und mittlere Unternehmen schrecken vor diesen Themen dagegen oft noch zurück: Sie hinterfragen Machbarkeit und Nutzen für ihr Unternehmen. Zu Recht?
Dass Big- beziehungsweise Smart-Data-Technologien gewinnbringend eingesetzt werden können, steht mittlerweile außer Frage; die Zahl der Erfolgsbeispiele ist groß – und das über alle Unternehmensgrößen hinweg. Trotzdem sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) manchmal noch zurückhaltend, wenn es um die Einführung entsprechender Technologien geht. Es mangelt ihnen oft an Know-how und Ressourcen, um einen Zugang in die Welt der Digitalisierung zu finden; viele von ihnen denken noch immer, Big Data und Co. seien nur etwas für die Großen.
Buzzwords wie Big Data suggerieren auch genau dies: Dass es auf die Menge der Daten ankommt, will man sie erfolgreich verwerten. Bekannte Big-Data-Nutzer wie Amazon, Google oder Apple, die Tera-, Peta- oder Exabytes an Daten sammeln, aufbereiten und nutzen, stützen diese These. Dabei können auch kleinere Datenmengen in Kombination mit weiteren externen Daten beziehungsweise Informationen für Unternehmen gewinnbringend sein. Voraussetzung ist nur, dass die Daten eine gewisse Qualität und Varianz aufweisen. Sie sind dann interessant, wenn sich in ihnen Muster oder Verbindungen erkennen lassen, aus denen Firmen Erkenntnisse für die Prozessoptimierung gewinnen können. Bei Smart Data (den cleveren Daten) geht es deshalb nicht nur um die Analyse der mittels IT erfassten Datenmengen, sondern auch um die Zusammenführung mit weiteren Informationen – wie die Materialbeschaffenheit oder die Erfahrungswerte von Technikern. Auf diese Weise können auch mittelständische Betriebe aus ihren kleineren Datenmengen wertvolle Erkenntnisse gewinnen.
Daten sinnvoll nutzen
Paradebeispiel ist die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance): Ihr Ziel ist es, mithilfe von Sensor- und sonstigen Daten den Zustand einer Maschine so zu bestimmen, dass vorausgesagt werden kann, wann welches Teil ersetzt werden muss (Vorhersagemodell). Gelingt dies, können Techniker entsprechend agieren, einzelne gefährdete Anlagenkomponenten rechtzeitig herausfiltern und austauschen, bevor eine Störung auftritt. Unternehmen können so Wartungszeiten passgenau planen und Ausfallzeiten minimieren – das spart Kosten. Darüber hinaus sind die Konstruktions- und Entwicklungsabteilungen in der Lage, Rückschlüsse aus den aus der Produktion zurückfließenden Daten zu ziehen und ihrerseits die Prozesse zu optimieren. So profitieren alle, letztlich auch die Kunden.
Kosten hinterfragen
Nichtsdestotrotz ist es – gerade auch für KMU – wichtig, den Kostenaufwand einer prädiktiven Wartung zu hinterfragen. Es gibt durchaus Fälle, in denen eine reaktive Wartung (also nach Auftreten eines Defekts) insgesamt kostengünstiger ist. Hier lohnt ein Blick auf die Extreme: Will ein Unternehmen sicherstellen, dass das Vorhersagemodell bei einer erforderlichen Wartung keinesfalls einen Fehler macht, muss es im Zweifelsfall in Kauf nehmen, dass eine Wartung durchgeführt wird, die eigentlich noch gar nicht notwendig gewesen wäre. Das macht nur dann Sinn, wenn die Kosten für eine versäumte Wartung (in der Konsequenz also das Beheben eines Fehlers) deutlich höher sind als die einer überflüssigen Wartung. Will ein Unternehmen im Umkehrschluss überflüssige Wartungen in jedem Fall ausschließen, macht es am besten gar keine Wartung – und zwar immer dann, wenn der Schaden durch eine nicht durchgeführte Wartung gering (günstige Reparatur), die Wartung selbst aber extrem kostspielig ist. Unternehmen sollten sich demnach alle Kosten anschauen und gegeneinander abwägen. Erst in der Gesamtbetrachtung können sie wirklich beurteilen, ob der Einsatz von Predictive-Maintenance-Technologien sinnvoll ist.
Neutrale Beratung
KMU tun sich bei der Beurteilung, ob, wann und wie Big/Smart-Data-Technologien wie Predictive Maintenance für sie lohnenswert sind, verständlicherweise schwer. Hier ist oft externe Expertise gefragt. So berät beispielsweise das Smart Data Solution Center Baden-Württemberg (SDSC-BW) neutral und unabhängig zu Smart-Data-Themen, mit finanzieller Unterstützung durch das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK). 2014 von der Stuttgarter Sicos BW GmbH und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gestartet, bietet das Center eine kostenfreie Potentialanalyse, in der die Unternehmen die Möglichkeiten der Smart-Data-Technologien kennenlernen. Unternehmen können mit Hilfe der Analyse ein klares Bild davon gewinnen, wie Big und Smart Data auch in ihrem eigenen Unternehmensumfeld eingesetzt werden kann. Das interessierte Unternehmen muss hierfür nur seine Hausaufgaben machen: Es muss die Daten zusammen- und zur Verfügung stellen und interne Anwendungsexperten für den Austausch mit den Data-Analytics-Experten auswählen. Auf Basis der Analyse-Ergebnisse beraten die SDSC-BW-Experten dann hinsichtlich weiterer konkreter Schritte zu möglichen Einsatzfeldern; bei Bedarf stehen sie als Begleiter bei der Umsetzung eines tiefergehenden Projekts zur Verfügung.
Unternehmen, die nicht aus Baden-Württemberg stammen, bekommen beim SDSC-BW in jedem Fall wertvolle Hinweise, wer für sie der richtige Ansprechpartner ist. Mittlerweile existieren in den einzelnen Bundesländern zahlreiche Initiativen, Förderprogramme und Kompetenzzentren, die den ansässigen Unternehmen Standortvorteile, auch beim Einsatz von Industrie 4.0-Technologien, bieten.
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Bei Smart Data (den cleveren Daten) geht es nicht nur um die Analyse der mittels IT erfassten Datenmengen, sondern auch um die Zusammenführung mit weiteren Informationen – wie die Materialbeschaffenheit oder die Erfahrungswerte von Technikern. Auf diese Weise können auch mittelständische Betriebe aus ihren kleineren Datenmengen wertvolle Erkenntnisse gewinnen.
Autor
Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer Sicos BW GmbH
Buch-Tipp: Praxishandbuch „Smart Data Analytics: Zusammenhänge erkennen – Potentiale nutzen – Big Data verstehen“ (Dr. Andreas Wierse, Sicos BW GmbH / Dr. Till Riedel, KIT; Verlag: DeGruyter, 426 Seiten, ISBN-10: 3110461846). Von den erforderlichen Grundlagen (u.a. Big Data vs. Smart Data) über organisatorische Herausforderungen und rechtliche Aspekte bis hin zur Technologie und wirtschaftlichen Betrachtungen deckt das Buch die gesamte Bandbreite der Thematik in übersichtlichen Kapiteln ab – untermauert mit anschaulichen Beispielen aus der Praxis im Mittelstand.
Weiterführende Informationen:
Bildquellen:
Aufmacherbild – Quelle KIT
Beitragsbild – Quelle KIT
Personenfoto: Quelle Wolfram Scheible
CC BY-SA 4.0 DE
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