Warum Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen
Maurizio Hein, Country Manager Germany bei Swappie, schreibt über nachhaltige Geschäftsmodelle.
Nachhaltigkeit wird als Schlagwort seit einigen Jahren oft bemüht – in Politik und Wirtschaft, aber auch in der Werbung, um Produkte oder Services in ein positives Licht zu rücken. Leider bleibt es in vielen Fällen bei eher kurzfristigen Einzelmaßnahmen und Nachhaltigkeitslabeln, mit denen Produkte vermarktet werden.
Nicht wenige Unternehmen gehen das Nachhaltigkeits-Thema aber auch großformatig an, haben Initiativen ins Leben gerufen oder ihre Arbeitsprozesse einer kritischen Analyse unterzogen – trotz solch lobenswerter erster Schritte sind langfristige Umstellungen sowie eine ganz konkrete und konsequent umgesetzte Gesamtstrategie leider die Ausnahme und auch für die Unternehmen, die es richtig machen wollen, eine wahre Mammutaufgabe, bei der sich die Frage stellt – wo beginnen?
Dass das Monitoring und die Nachhaltigkeitsberichterstattung für immer mehr Unternehmen keine Kür, sondern vielmehr Pflicht wird, wird von der EU-Kommission seit 2021 massiv vorangetrieben. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) soll das Reporting rund um Nachhaltigkeit ausdehnen, die Berichte vergleichbarer und vor allem auch relevanter machen. Künftig sollen alle Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, einer Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro oder einem Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro Auskunft darüber geben, wie nachhaltig sie wirtschaften. Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland wird bei planmäßiger Umsetzung der Richtlinie um mehr als das 30-fache von etwa 500 auf rund 15.000 Unternehmen steigen. Viel Zeit bleibt nicht mehr, da die Kommission einen straffen Zeitplan vorgibt: die neue Richtlinie soll erstmals für die Berichtsperiode 2024 greifen.
Nachhaltigkeit von Beginn an mitdenken
Die grundsätzliche Problematik beim Thema Nachhaltigkeit liegt in den meisten Fällen aber auch gar nicht beim mangelnden Engagement der Unternehmen oder gar bei vorsätzlichem Greenwashing, sondern vielmehr darin, dass viele Unternehmensmodelle und die Strukturen der grundsätzlichen unternehmerische Ausrichtung auf dem Höher-Schneller-Weiter-Prinzip basieren. Ein solches bereits bestehendes System nachträglich hinsichtlich Nachhaltigkeit zu optimieren, wird immer sehr viel aufwändiger und schwieriger sein, als neue Unternehmen, Unternehmenszweige, Teilprojekte oder auch Produktlinien von Grund auf nachhaltig zu denken und den Kreislaufgedanken von vornherein zu integrieren.
Entlang der Wertschöpfungskette gedacht, heißt das ganz konkret: die Verwendung möglichst nachhaltiger Rohstoffe, die Optimierung des Produktnutzens, die Maximierung der Lebensdauer sowie die Rückgewinnung von Materialien. Unternehmen, die die Wichtigkeit nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens erkannt haben und die Thematiken angehen wollen, finden im Kreislaufgedanken einen Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit.
Refurbishing – ein per se nachhaltiges Geschäftsmodell
Wir von Swappie – dem finnischen Re-Commerce-Unternehmen für das Refurbishment von iPhones versuchen als eines von vielen jungen Unternehmen und Start-ups mit gutem Beispiel voranzugehen und die Kreislaufwirtschaft zum Kernelement zu machen. Refurbished heißt generalüberholt oder wiederaufbereitet, es handelt sich also um gebrauchte Geräte, die professionell repariert, aufgewertet und anschließend weiterverkauft werden – „alter“ Elektronik wird quasi ein zweites Leben geschenkt.
Swappie gehört inzwischen zu den führenden Unternehmen der Refurbish-Branche – seit der Gründung 2016 haben wir mehr als eine Million wiederaufbereiteter iPhones verkauft. Als innovatives Scale-up stehen wir derzeit an der Spitze des jährlichen Financial Times Ranking der am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas und das mit einem intrinsisch nachhaltigem Geschäftsmodell, das Kreislaufwirtschaft zum Kern der Sache macht und gebrauchte Ware dem Konsumkreislauf wieder zuführt.
Aktuell wird weltweit nur ein Bruchteil alter Smartphones weiterverkauft oder recycelt, EU-weit sind es nur knapp 12-15 Prozent* – das Potential für die Nutzung dieser Ressourcen ist daher immens und sollte zum Standard werden, denn Smartphones enthalten wichtige Rohstoffe und seltene Metalle und Erden wie Gold, Silber, Platin, aber auch Kobalt, Wolfram und einige mehr, die weltweit immer knapper werden. Die Altgeräte, die in Schubladen verstauben und allein in Deutschland auf rund 124 Millionen* geschätzt werden, bilden also ein wichtiges Reservoir für diese Rohstoffe. Zum Vergleich: in einer Tonne alter Smartphones steckt etwa 100 Mal mehr Gold, als in der gleichen Menge Golderz.** Zudem ist das Einsparpotential für CO2 bei gebrauchter Elektronik immens – bei Smartphones verursacht allein der Herstellungsprozess die größten Umweltauswirkungen im gesamten Lebenszyklus, je nach Modell sind es 80-95 Prozent der Gesamtemissionen.
Der Kauf generalüberholter iPhones verlängert die Lebensdauer eines Geräts ganz konkret und so werden wertvolle Ressourcen eingespart. Bleibt ein Smartphone nur ein Jahr länger in Gebrauch, werden rund 2 Millionen Tonnen Emissionen eingespart – die CO2-Emmissionen des Smartphones sinken um rund ein Drittel. Der Kauf von generalüberholten Handys trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck zu verringern.***
Der Erfolg von Swappie unterstreicht, dass Refurbished als Kategorie für immer mehr Konsument:innen zur Option wird und das nicht nur weil die Lieferengpässe für Neugeräte zum Teil lange Lieferzeiten verursachen, sondern auch weil die Geräte qualitativ ebenbürtig aber günstiger sind und der Nachhaltigkeitsaspekt eine immer größere Rolle für das Konsument:innenverhalten spielt.
Verbraucher:innen sind sich der Auswirkungen ihres eigenen Verhaltens auf die Umwelt immer bewusster – das beobachtet der führende Refurbisher von iPhones bereits seit einigen Jahren. Die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Lieferengpässe für Chips, Elektronikkomponenten und diverse weitere Produktkategorien wirkten hierfür als Katalysator, der Verbraucher:innen nach anderen Optionen hat suchen lassen und so die Absatzzahlen für Refurbished Geräte deutlich erhöht hat. Ein Ende ist aktuell nicht in Sicht, im Gegenteil – der Recommerce-Markt für Smartphones birgt auch weiterhin enormes Potenzial. Der IDC-Report**** von 2021 prognostiziert, dass bis 2024 rund 351,6 Millionen gebrauchte sowie generalüberholte Smartphones global ausgeliefert werden. Das entspricht einem Marktwert von ca. 65 Milliarden Dollar und einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 11 Prozent von 2019 bis 2024.
Refurbish – nicht nur für Privatkund:innen
Refurbished ist dabei nicht nur für Privatpersonen eine nachhaltigere und auch günstigere Option, auch für Unternehmen sind wiederaufbereitete Elektronikgeräte, insbesondere Smartphones, ein konkreter Ansatzpunkt, um mit wenig Aufwand effektiv Emissionen einzusparen und den Arbeitsalltag nachhaltiger zu gestalten. Um garantierte Qualität zu erhalten, sollten Verbraucher:innen auf vertrauensvolle Refurbish-Anbieter setzen. Kriterien hierfür sind ein verlässlicher Kundenservice, umfangreiche Garantien (bei Swappie sind es 36 Monate), und natürlich ein engmaschiger Aufbereitungsprozess.
Bei der Auswahl des Smartphonemodells sollte das Thema System- und Sicherheitsupdates im Hinterkopf sein, denn für verlässliches und sicheres Arbeiten ist die Bereitstellung von Updates von Seiten des Herstellers eine relevante Größe.
Fazit
Nachhaltigkeit ist längst kein Wellness-Thema mehr, sondern für Endverbraucher vor allem aber auch Unternehmen ein Indikator für zukunftsgerichtetes Arbeiten und Wirtschaften. Die Integration von Aspekten der Kreislaufwirtschaft ist für nachhaltige Veränderungen eine zentrale Maßnahme, die von Verbraucher:innen honoriert wird. Swappie ist ein wunderbares Beispiel für den Erfolg eines Geschäftsmodells, das intrinsisch auf Kreislaufwirtschaft basiert – wir versuchen, Vorbild für andere Unternehmen zu sein und zu zeigen, dass gelebte Nachhaltigkeit kein Erfolgs- oder Produktivitätskiller ist.
Über den Autor
Maurizio Hein ist seit 2020 bei Swappie. Seitdem hat er die Internationalisierung vorangebracht und Märkte wie Spanien, Polen oder Tschechien aufgebaut. Inzwischen verantwortet er für Swappie als Country Manager den deutschen Markt. Maurizio ist gebürtiger Würzburger und studierte Kultur- und Literaturwissenschaften sowie interkulturelles Management in Frankreich und Deutschland. Vor Swappie arbeitete er an der Internationalisierung des finnischen Start-up Ökosystems.
Quellen:
** https://www.recyclingtoday.com/article/smartphone-recycling-refurbishment-attitudes-changing/
*** https://eeb.org/revealed-the-climate-cost-of-disposable-smartphones/
Creative Commons Lizenz CC BY-ND 4.0
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