EU-Kommission stellt Entwurf zum EU-Pharma-Paket vor

Fortschrittliche Arzneimittelstrategie oder Rückschritt für den Gesundheitsmarkt?

Die Europäische Kommission hat heute ihren Entwurf für eine neue Arzneimittelgesetzgebung vorgestellt. Das sogenannte EU-Pharma-Paket soll vorrangig die Transparenz und die Kontrolle über die Arzneimittelversorgung in Europa verbessern. Was per se als ein sinnvolles Vorhaben klingt, stößt jedoch auf Kritik von Unternehmensseite. Befürchtet wird vor allem ein geringeres Schutzniveau für Innovationen und damit eine deutliche Einschränkung des Wettbewerbs im internationalen Vergleich – insbesondere mit Blick auf kürzere Patentlaufzeiten oder eine Verkürzung des Unterlagenschutzes. Auch höhere Transparenzanforderungen und weitere Pflichten auf regulatorischer Ebene könnten sich kontraproduktiv auswirken.

Dazu kommentiert Dr. Roland Wiring, Rechtsanwalt und Partner im Bereich Healthcare bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland:

„Das EU-Pharma-Paket hat das Potential, ein Gamechanger für die europäische Arzneimittelindustrie zu werden – im Positiven, aber auch im Negativen. Einige im Entwurf enthaltene Anreize mögen gesundheitspolitisch sehr erstrebenswert sein. Es fragt sich aber, ob die Anreize und Mechanismen treffend gesetzt sind. Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf den internationalen Wettbewerb und andere starke Standorte wie die USA oder China. Hier wird es in den kommenden Monaten darauf ankommen, die Interessen sorgfältig abzuwägen und ungewollte Effekte möglichst zu verhindern – damit sich die EU mit dem Pharma-Paket nicht am Ende noch einen Bärendienst erweist.“ 

Mit Blick auf die rechtlichen Implikationen für Unternehmen in der Pharmaindustrie betont der CMS-Partner:

 „Für die Industrie von zentraler Bedeutung sind die angestrebten Änderungen beim Schutz des Geistigen Eigentums und der Zulassungsunterlagen. Hier strebt die EU-Kommission eine Verkürzung der Schutzzeiten an. Das soll einen besseren Zugang zu Arzneimitteln in der EU ermöglichen – es könnte aber auch den gegenteiligen Effekt haben und Innovationen hemmen. Insbesondere kleinere Unternehmen könnten durch geplante Bonussysteme, etwa für eine flächendeckende Markteinführung in der EU, benachteiligt werden – wenn sie die dafür nötigen Voraussetzungen nicht erfüllen können.“

Weiter hebt der Fachanwalt für Medizinrecht hervor, dass die Anforderungen an Unternehmen beim Thema Arzneimittelproduktion und Krisenvorsorge steigen werden, wenn es beim aktuellen Entwurf bleiben sollte:

„Die Herausforderungen Arzneimittelengpässe und Krisenvorsorge werden ebenfalls adressiert. Pharmaunternehmen sollen strengere Vorgaben bei der Produktionsplanung erfüllen und ihre Produktion im Notfall besser anpassen können. Auf drohende Engpässe muss früher hingewiesen werden als bisher.“ 

Abschließend hält Dr. Roland Wiring von CMS fest:

 „Der heute vorgestellte Entwurf des EU-Pharma-Pakets ist ein Meilenstein: Er soll den 20 Jahre alten Rechtsrahmen für die Pharmaindustrie grundlegend ändern. Das betrifft jedes Unternehmen in diesem Sektor.“ 

 

Foto von Christine Sandu auf Unsplash